Unsere Autoren
Kurzportrait über Frank Sacco und sein Sachbuch „Religionsmedizin“
Autor
FRANK SACCO
Im Jahr 2019 gab Frank Sacco, Doktor der Medizin und Psychotherapeut, seine internistisch-hausärztlich ausgerichtete Landpraxis an einen Nachfolger ab. Als Sohn eines Juristen und Bruder einer Geistlichen begann er 1967 sein Studium der Humanmedizin in Berlin. Nach Abschluss des Examens arbeitete er in verschiedenen Hamburger Krankenhäusern und wurde Facharzt für Innere Erkrankungen. 1982 eröffnete er eine Hausarztpraxis in der Lüneburger Heide und bot neben der üblichen Tätigkeit eines Hausarztes auch Magen- und Darmspiegelungen, sowie das Röntgen des gesamten Skeletts und der inneren Organe sowie Psychotherapie an. Auch waren in den ersten Jahrzehnten regelmäßige Nachtdienste und die Notfallversorgung der örtlichen Bevölkerung im Programm.
INTERVIEW
Verlag: Wollten Sie schon immer ein Buch zu schreiben?
Frank Sacco: Eigentlich nie. Doch inzwischen sind es mehrere geworden. Lieber hätte ich mehr gemalt oder mehr gedichtet und Märchen geschrieben. Aber ich musste Bücher schreiben. Da lief etwas falsch in der Ehe Kirche und Psychiatrie.
Verlag: Wie lange haben Sie an dem Buch gearbeitet und wie schwer oder leicht ist es Ihnen gefallen es zu schreiben?
Frank Sacco: Circa zehn Jahre. Es fiel mir leicht, da ich mir ein großes Wissen über Religionen und Psychiatrie aneignen konnte. Die Arbeit am Computer ist für jeden Autor ein großer Gewinn. Das Radiergummi bleibt immer frisch.
Verlag: Was ist das Besondere an Ihrem aktuellen Buch und wen oder was möchten Sie damit erreichen?
Frank Sacco: Es findet klare Worte zu Gewalt in Kirchen, Synagogen und Moscheen. Recht schonungslos deckt es Kunstfehler in der Psychiatrie auf. Man darf Kirchenkranke als Psychiatrie nicht, wie es geschieht, zu den Verursachern ihres Leides abschieben. Es ist vergleichbar mit einem Internisten, der einen Leber- bzw. Alkoholkranken in die Gastwirtschaft schicken würde oder einen Diabetiker in die Konditorei
Verlag: Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch und was ist Ihr Lieblingsbuch?
Frank Sacco: Je nachdem. Ich finde Bücher gut, die meine Auffassung bestätigen und ich finde die gut, die mir Material liefern für meine berechtigten Angriffe auf den Status quo. Bin ein Schnellleser.
Verlag: Welche drei Wörter beschreiben Sie am besten?
Frank Sacco: Genau, treffsicher, furchtarm (aber alles in Maßen).
BUCH
informativ – nachdenklich
Religionsmedizin
SACHBUCH
Buchbeschreibung
Unser mittlerweile 72 Jahre alter Autor arbeitet und schreibt unter seinem zweiten Namen Frank Sacco über das Auftreten von Nebenwirkungen bei Gläubigen, wenn Religionen in ihren Aussagen, Liedern oder heiligen Büchern fundamentalistische Inhalte aufweisen. Dazu gehören Aufforderungen der jeweiligen Götter zu Gewaltanwendungen, beispielsweise zur Tötung sündig gewordener Personen oder von Andersgläubigen. Dazu gehören Kindern angstmachende, den jeweiligen Göttern zugeschriebene Taten, wenn sie Menschen auf Erden oder in jenseitigen Höllen überhart strafend behandelten, behandeln, oder solche Strafen für die Zukunft ankündigen, wie es bei der Apokalypse der Fall ist. Die Angst vor dieser als grauenhaft geschilderten Endzeit machte die Kinder Würzburgs nach Ausstellungen im Jahr 2010 krank wie nirgendwo sonst auf der Welt. Würzburg ist eine Hochburg von ADS, Suiziden und der Kinderpsychiater, die mit massenhaften Depressionen und Sacco-Syndromen konfrontiert sind. Würzburger Fachleute machen das dortige sehr christliche Milieu dafür verantwortlich.
Der Autor arbeitet mit Personen und Institutionen zusammen, die, wie er als Arzt, die Notwendigkeit einer Religionsreform ebenfalls sehen und hin zum Bild eines nicht strafenden Gottes arbeiten. Zu nennen ist da Eugen Drewermann, Tilmann Moser und das Kloster in Münsterschwarzach mit seinen Benediktinermönchen und den dortigen Therapeuten im Recollectiohaus. Dort werden vorwiegend derart Geschädigte behandelt. Dort hat man keine Angst vor dem Vatikan und dem Opus dei.
Sacco fasst nach anraten einer Ärztin die Vielfalt der Symptome bei einer Schädigung durch einen Glauben unter dem Begriff des Sacco-Syndroms zusammen. Er sieht in einer kommenden Religionsreform ein deutliches prophylaktisches Wirken, die der Gesundheit der Gläubigen und dem Volksvermögen zugutekommen wird. Der Großteil der psychiatrischen Kranken ist vom Glauben krank.
Standesrechtliche Konflikte traten auf, als Sacco das Vorgehen der Psychiatrie kritisch beurteilte. Dort werden über Dogmen von der Kirche krankgemachte Patienten zwecks Psychotherapie zum verursachenden Klerus überwiesen. Ein Sprechen mit den Betroffenen über die Zusammenhänge ihrer Symptome mit religiös vermittelten Ängsten gilt heute noch in der Psychiatrie als Tabu. Nach Darstellung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie, DGPPN, sollen sich Ärzte und Psychologen bei Kirchenkranken auf eine Medikamentengabe beschränken, und gegebenenfalls, wie es heißt, gerade noch eine „Expositionstherapie“ durchführen dürfen. Alles andere sei Grenzüberschreitung. Unser Autor beklagt diesen Zustand als unärztlich und daher unhaltbar. Jede große Angst gehöre in die Hände von Fachleuten der Medizin. Aus dem Verhalten seiner Fachkollegen schließt Sacco auf eigene, verdrängte Gottängste bei der Psychiatrie. Seine Psychoanalyse der Psychiatrie und der Kirchen rief heftige Gegenwehr auf den Plan.
Die religiös Geschädigten weisen je nach ihrer Primärpersönlichkeit unterschiedliche Symptome auf: Ein Großteil wird in seiner Angst und Depression unaufmerksam (ADS, AHDS), zieht sich zurück (Autismus, Asperger-Syndrom) oder wird hin zu verschiedenen Süchten oder in Zwänge getrieben. Bei anderen löst sich die Persönlichkeit in einer Dissoziation auf und es kommen scheinbar unverständliche Erscheinungen wie Wahngebilde und Halluzinationen zum Vorschein. Hier spricht man von Schizophrenien oder Psychosen. Doch auch die sind nach C. G. Jung Angsterkrankungen. Eine Manie ist der Versuch eines Patienten, einer ihn bedrohenden schweren Depression auszuweichen. Luthers Bußgürtel fand seine moderne Ablösung im Borderline-Syndrom und der sog. endogenen Depression, einer masochistischen Depression ohne vordergründig zu erkennenden Grund. Der Masochismus eines Ödipus, der sich infolge inzüchtiger Mutterliebe zur Hölle verdammt sah und sich als ein Opfer an Zeus die Augen ausstach, findet hier seinen modernen Ausdruck. Der Bußgürtel ist aus der Mode, war aber relativ harmlos.
Sigmund Freud litt unter einem Sacco-Syndrom, das ihn in eine unstillbare Nikotinsucht trieb, an der er letztlich über ein Mundhöhlenkarzinom verstarb. Die von ihm im Buch „Zur Psychopathologie des Alltagslebens“ beschriebenen 260 psychiatrischen Alltagskrankheiten waren sämtlich Sacco-Syndrome. Sein nicht verkrafteter Tabubruch bestand in der „Tötung“ seines Kindheitsgottes mit den Worten: „Religion ist Wahn“. Hölderlin wies eine schwere kirchenbedingte Schizophrenie auf, desgleichen van Gogh und Nietzsche. Der Dichter und Denker war wie Freud an seiner „Tötung“ Gottes gescheitert. Sein Tabubruch, sein „Gott ist tot“, schickte ihn für ca. zehn Jahre in eine qualvolle Psychose. „Wir sind die Mörder aller Mörder“, so Nietzsche. Es gibt also auch Mörder ohne Mord.